Glossar
Lexikon der Diskriminierungsformen und vereinfachten Erklärungsansätze der modernen Welt. Wissen ist ein erster Schritt, um Bestehendes zu erkennen und zu ändern.
Wir benennen zentrale Diskriminierungsformen. Wir zeigen auf, aufgrund welcher Merkmale und scheinbaren Gründe Menschen herabgesetzt, beleidigt oder gar verfolgt werden. Und wir erklären wichtige Begriffe der Antidiskriminierungsarbeit. Damit ihr eingreifen könnt: Informiert. Gezielt. Wirksam.
„Hauptschüler sind dumm“, „Frauen haben keine Ahnung von Technik“. Solche Vorurteile grenzen Menschen wegen bestimmter Merkmale aus. Diese erscheinen häufig als „naturgegeben“ - und somit unumstößlich. Denn sie verschleiern, dass Ein- und Ausgrenzung soziale Prozesse sind. Sie regulieren den Zugang zu Macht oder Ressourcen. Vorurteile und die Ideologien hinter ihnen rechtfertigen und stärken bestehende Herrschaftsverhältnisse - zum Vorteil der Herrschenden.
Diese Form der Diskriminierung richtet sich gegen Menschen mit einer Behinderung. Der Ableismus geht dabei von einem geistigen und physischen Standard des Menschen aus. Diesem „Standard“ werden aber behinderte Menschen vermeintlich nicht gerecht und daher als „minderwertig“ betrachtet. Neben der Ausgrenzung aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, sehen sich behinderte Menschen in ihrem alltäglichen Leben mit vielen Vorurteilen konfrontiert. Diese Diskriminierung kann auch über vorgeblich positive Äußerungen oder Handlungen erfolgen. Das ist der Fall, wenn Menschen mit Behinderungen für das Erledigen ganz alltäglicher Dinge – wie z.B. das Öffnen einer Tür - gelobt werden. Auch das z.B. ungefragte Helfen in die Jacke ist übergriffig und diskriminierend.
Der Ausdruck Ageism bezeichnet die soziale und wirtschaftliche Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Lebensalters. Den Betroffenen wird es im Falle einer Diskriminierung erschwert, in angemessener Weise am Arbeitsleben und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Das kann jede Altersgruppe betreffen. Werden ältere Arbeitnehmer*innen in den Vorruhestand gedrängt, handelt es sich um einen Fall von Altersdiskriminierung. Werden jungen Menschen pauschal bestimmte Kompetenzen oder Fähigkeiten abgesprochen und bestimmte Interessen und Denkweisen angedichtet, dann handelt es sich um Jugenddiskriminierung.
Dies ist Teil einer verkürzten Kapitalismuskritik. Dabei wird die USA als Inbegriff des Kapitalismus gesehen. Die USA haben dieser Ideologie zufolge keine Kultur und ordnen menschliche Werte dem Kapital unter. Was eine Konsequenz aus der Funktionsweise des Kapitalismus ist, wird hier auf eine Nation projiziert. Das ist eine gefährliche verkürzte Kapitalismuskritik, da man in einem Schwarz-Weiß-Schema selbstverständlich niemals der Wirklichkeit gerecht werden kann. Außerdem ist der Antiamerikanismus ein erster Schritt hin zum Antisemitismus, denn oft wird im gleichen Atemzug die Ostküste der USA (an der viele Jüdinnen und Juden) leben als Ursache des kapitalistischen Wirtschaftssystems dargestellt. Die Verschwörungstheorie einer jüdischen Weltverschwörung, die im geheimen die Welt steuert, ist somit die Weiterführung des Antiamerikanismus.
Die IHRA definiert Antisemitismus wie folgt: „Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und / oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen und religiöse Einrichtungen. ”
Diese Ergänzungen und Beispiele führt die IHRA an: „Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, richten. Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden. Antisemitismus umfasst oft die Anschuldigung, die Juden betrieben eine gegen die Menschheit gerichtete Verschwörung und seien dafür verantwortlich, dass „die Dinge nicht richtig laufen“. Der Antisemitismus manifestiert sich in Wort, Schrift und Bild sowie in anderen Handlungsformen, er benutzt unheilvolle Stereotype und unterstellt negative Charakterzüge.
Zionismus bedeutet das Streben von Jüdinnen und Juden nach einem eigenen Staat. Dieser jüdische Staat ist mit Israel im Jahr 1948 ausgerufen worden. Durch den Antisemitismus, den Jüdinnen und Juden in der ganzen Welt erleiden mussten und der seinen traurigen Höhepunkt in der industriellen Massenvernichtung durch die Deutschen im Nationalsozialismus fand, wurde die Notwendigkeit eines eigenen demokratischen und jüdischen Staates evident. Der Antizionismus stellt den Zionismus als rassistische und extreme nationalistische Bewegung dar. Oft bedient sich der Antizionismus antisemitischer Bilder und zieht Vergleiche mit dem Nationalsozialismus. Unterschlagen wird dabei die lange Unterdrückungsgeschichte von Jüdinnen und Juden. Auch die Tatsache, dass Israel eine Konsequenz der Shoah und ein Schutzraum vor dem weltweiten Antisemitismus ist, findet dort keine Erwähnung.
Das ist der Glaube an die Überlegenheit der eigenen Gruppe. Chauvinismus ist im ursprünglichen Sinne, exzessiver auch aggressiv überzogener Nationalismus, bei dem sich Angehörige einer Nation allein aufgrund ihrer nationalen Zugehörigkeit gegenüber Menschen anderer Nationen überlegen fühlen und sie abwerten. Der Begriff leitet sich von dem französischen Rekruten Nicolas Chauvin her, der zu Napoleons Zeiten durch seine fanatische Vaterlandsliebe auffiel. Heute bezeichnet der Begriff und seine Abkürzung „Chauvi“ allgemein auch ein übersteigertes, selbstgefälliges und überhebliches Männlichkeitsgebaren.
Homofeindlichkeit (fälschlicherweise auch Homophobie genannt) meint die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Es wird von einer heterosexuellen Norm ausgegangen, die durch gleichgeschlechtliche Liebe „gebrochen“ würde. Homosexualität gibt es jedoch so lange, wie es Menschen auf der Welt gibt und auch im Tierreich sind homosexuelle Paare zu finden. Diese angenommene Norm hat also nichts mit einer angenommenen Natürlichkeit zu tun. Abwehrende Diskriminierung und körperliche Gewalt bis hin zur Verfolgung und Ermordung homosexueller Menschen können die Folge von Homofeindlichkeit sein. In einigen Ländern gibt es explizite Gesetze, die gleichgeschlechtliche Liebe verbieten und Bestrafungen auf gleichgeschlechtliche Sexualkontakte vorsehen. Auch in Deutschland ist die Gleichstellung von homosexuellen Paaren noch lange nicht umgesetzt. So gibt es zum Beispiel immer noch Hürden im Adoptionsrecht.
Hier ist die Benachteiligung von Menschen mit Bezug auf Körper, Aussehen und Kleidung gemeint. Auftreten und Erscheinungsbild werden häufig zu Unrecht als Indikator für den Wert einer Person gemessen. Ein Beispiel für Lookismus scheint der größere Erfolg attraktiver Menschen am Arbeitsmarkt zu sein, der zunächst nichts mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen zu tun hat. Auch wenn ein Unternehmen strategisch über das Aussehen der Mitarbeitenden ein bestimmtes Image vermitteln will, ist dies ein Fall von Lookismus. Die Bewertung von Aussehen und Erscheinung der Bewerber*innen im Einstellungsprozess ist dabei nicht verboten und schwer nachzuweisen. Ein Weg aus der Schönheitsfalle wäre es, wenn Bewerbungen beispielsweise kein Foto beigelegt werden müsste. Dies ist beispielsweise in den USA üblich.
Mobbing bedeutet, dass zum Beispiel Kolleg*innen über längere Zeit hinweg eine Person erniedrigen, demütigen oder schikanieren. Selbst kriminelle Handlungen kommen dabei vor. Menschen jeden Alters können mobben oder Opfer von Mobbing werden. Verschiedenste arbeitsinterne und soziale Anlässe können zum Auslöser werden. Die Folgen wiegen schwer. Mobbing kann dazu führen, dass die betroffene Person kündigt, arbeitslos wird, eine Erwerbsminderung hinnehmen oder in Frührente gehen muss. Geschädigte sollten unbedingt mit Kollegen*innen, der JAV oder der vorgesetzten Person sprechen. Auch die Aufnahme von Mobbing in die Betriebsvereinbarungen kann helfen.
Beim Nationalismus werden bestimmte Nationen als höherwertig angenommen, als andere. Meistens ist die eigene die höchste Nation in diesem „Ranking“. Den konstruierten Nationen, beziehungsweise ihren Bürger*innen werden dabei bestimmte Eigenschaften zugesprochen. Der Nationalismus verlangt von den Bürger*innen, das eigene Wohl dem Wohle der Nation unterzuordnen. Sind Menschen hierzu nicht bereit, werden sie aus der »Gemeinschaft« ausgeschlossen.
Im Rassismus werden Menschen als einer vermeintlich geschlossenen Gruppe zugehörig behandelt. Wegen dieser angenommenen Zugehörigkeit werden ihnen unveränderliche Merkmale und Eigenschaften unterstellt. Die Gruppen werden meist nach angeblichen äußerlichen, kulturellen, religiösen oder ethnischen Kriterien klassifiziert. Anhand dieser Einteilung bewertet der Rassismus die Menschen und hierarchisiert Gruppen von Menschen.
Diese Form des Rassismus und der Diskriminierung richtet sich gegen Rom*nja und Sinti*zze. Die feindliche Haltung kann von Vorbehalten über offene Ablehnung, Ausgrenzung und Vertreibung bis hin zu Tötung und massenhafter Vernichtung reichen. Die Stereotypen über und Vorurteile gegen Rom*nja und Sinti*zze haben sich tief ins kulturelle Gedächtnis der europäischen Gesellschaften eingeschrieben. Kern dieser stereotypen Bilder ist, dass Rom*nja und Sinti*zze nicht so zivilisiert wären wie die Mehrheitsgesellschaft, archaische Parallelgesellschaft bilden, nicht sesshaft werden können und sich demnach weder integrieren können noch wollen. Es wird somit ein Gegenbild zu den fleißigen und braven „Staatsbürger*innen“ entworfen. Dieses Gegenbild ist zum einen der Versuch allen Rom*nja und Sinti*zze eine homogene Gruppenidentität zuzuschreiben und durch Stereotypen die Diskriminierung zu rechtfertigen.
Die Diskriminierung von Menschen aufgrund der Zugehörigkeit zu einem ihnen zugeordneten Geschlecht charakterisiert den Sexismus. Häufig sind Frauen* betroffen, die Ziel des diskriminierenden Verhaltens von Männern in Politik, Arbeitswelt und Gesellschaft werden. Grundlage von Sexismus sind Geschlechtsvorurteile, die von einem ungleichen Status von Frauen* und Männern ausgehen. Demnach werden Frauen* häufig als dem Mann körperlich und intellektuell unterlegen betrachtet. Aus diesem Konstrukt ergeben sich eine ganze Reihe von diskriminierenden Geschlechterstereotypen, Affekten und Verhaltensweisen. Der Begriff bezieht sich jedoch nicht nur auf individuelle Vorurteile, sondern vor allem auch auf die institutionalisierte Diskriminierung. Sexismus zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und die alltäglichen Lebensbereiche von Frauen.